Ring frei – EIHA versus BVL im Kampf für CBD


In einem Beitrag vom 19. Februar 2020 sind wir auf einen Artikel des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eingegangen, da dieser bei vielen CBD Verfechtern für Verwirrung sorgte. In dem Artikel geht die BVL auf die Thematik von Cannabidiol in Bezug auf die Novel Food Verordnung ein. Laut des BVL wäre bisher keine Fallgestaltung bekannt, wonach CBD in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre. Dieser Behauptung hat sich nun die European Industrial Hemp Association (EIHA) angenommen und ist erfolgreich dagegen vorgegangen. 



Das können wir so nicht auf uns sitzen lassen


Genauso verwirrt und empört, wie die meisten CBD Fans auf den vom BVL veröffentlichten Beitrag reagiert haben, hat auch die European Industrial Hemp Association (EIHA) ihre Position bezogen und möchte das Statement des BVL nicht einfach so hinnehmen. Hier heißt es unter anderem:

 

"Aus Sicht des BVL muss für CBD-haltige Erzeugnisse vor dem Inverkehrbringen entweder ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder ein Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels gestellt werden. Im Rahmen dieser Verfahren ist die Sicherheit des Erzeugnisses vom Antragsteller zu belegen."

 

Diese pauschalisierte Aussage sieht die European Industrial Hemp Association sowohl sachlich und fachlich als auch rechtlich als falsch an. Würde man die Aussage der BVL so hinnehmen, würde das heißen, dass pauschal alle Hanflebensmittel unter die Novel-Food-Verordnung fallen, und somit zulassungspflichtig wären. CBD jedoch ist ein völlig natürlicher und nicht psychoaktiver Stoff des Nutzhanfs und wird wissentlich bereits seit Jahrtausenden konsumiert. Sei es über die Samen, Blätter oder auch die Blüten der Pflanze, welche zu Lebensmitteln verarbeitet oder der Inhaltsstoff extrahiert wurde. So Daniel Kruse, Präsident der EIHA.

 

"Das BVL muss zwischen Extrakten mit dem natürlichen Vollspektrum der in der Hanfpflanze enthaltenen Cannabinoiden einerseits und mit Isolaten bzw. mit Cannabinoiden angereicherten Produkten andererseits unterscheiden. Ansonsten kommt es zu einer noch stärkeren Unsicherheit für die Hanflebensmittelindustrie und die Verbraucher in Deutschland."


Die Fakten sagen eigentlich bereits alles


Wenn man sich mit der Thematik auseinandergesetzt hat, fällt schnell auf, dass die Verwirrung, welche mit dem Lesen des Artikels einhergeht, nicht unbegründet ist. Die BVL hat in ihrer Stellungnahme nämlich offensichtlich ein paar Fakten außer Acht gelassen.

 

Fakt 1

 

CBD ist eine natürliche Substanz der aus dem EU-zertifizierten Anbau stammenden Nutzpflanze Cannabis Sativa L., die sich neben zahlreichen weiteren Cannabinoiden schon jeher in der Pflanze, insbesondere den Blättern und Blüten befindet.

Fakt 2

 

Nach Auffassung der Bundesregierung sind Cannabispflanzen der Sorte Sativa L. (Hanf) mit all ihren Pflanzenteilen (Blätter, Blüten und Samen) jeweils als „Lebensmittel“ einzustufen.
I. S. v. § 2 Abs. 2 LFGB (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch) in Verbindung mit Art. 2 der Richtlinie (EU) 178/2002.
Somit gilt die Pflanze mit ihren Pflanzenteilen nicht als Arzneimittel und bedarf daher auch keiner Zulassung als ein solches.

 

Fakt 3

 

Der Verzehr von CBD-haltigen Teilen der Pflanze Cannabis Sativa L. wie Hanfblätter oder -blüten bzw. deren Extrakte, erfolgte bereits, bevor die Novel-Food-Verordnung am 15.05.1997 innerhalb der EU und ihrer Mitgliedstaaten in Kraft getreten ist, in nennenswertem Umfang. Aus diesem Grund sind derartige CBD bzw. Cannabis-Produkte nicht als „neuartig“ zu bezeichnen und benötigen somit auch nicht die oben genannte Zulassung gem. Art. 6 der Verordnung (EU) 2015/2283 (sog. Novel-Food-Verordnung).

 

Fakt 4

 

 

Daraus geht hervor, dass CBD-haltige Pflanzenprodukte grundsätzlich sowohl als Lebensmittel als auch als Nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig sein können. 


Mögen die Kämpfe beginnen – EIHA widerspricht dem BVL


Die EIHA hat das BVL daraufhin angeschrieben und dem Thema entsprechend, unter anderem zwei schriftliche Mitteilungen der EU-Kommission an anfragende Unternehmen vom 03.02.1998 und 03.03.1998 vorgelegt. In diesen Mitteilungen geht klar hervor, dass die EU-Kommission nach Anhörung ihres ständigen Lebensmittelausschusses bereits erklärt hatte, dass Lebensmittel, welche Teile der oben genannten Cannabispflanze enthalten, nicht unter die Verordnung (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten fallen.

Für die EIHA ergibt sich daraus die Auffassung, dass lediglich „Isolate“ oder „Anreicherungen“ von Cannabidiol (CBD) oder anderen Cannabinoiden als „novel“, also „neuartig“ im Sinne der Novel-Food-Verordnung zu bewerten seien. Nicht „neuartig“ sind also Hanflebensmittel bzw. Produkte, gewonnen aus traditionellen Hanfblüten/-blätter-Extrakten, die das in der Hanfpflanze enthaltene natürliche Vollspektrum der Cannabinoide aufweisen. Und dazu zählt unter anderem auch das Cannabinoid Cannabidiol.

Da das BVL in seiner Stellungnahme vom 20.03.2019 allerdings nicht explizit zwischen "natürlichen im Vollspektrum der Hanfpflanze enthaltenen Cannabinoiden" und "Isolaten" oder "Anreicherungen" von Cannabinoiden unterscheidet, sei die pauschalisierte Mitteilung des BVL sachlich falsch und irreführend. So die EIHA.

 

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat hierzu Stellung genommen und räumt ein, dass Teile der Cannabispflanze Sativa L. tatsächlich bereits vor Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung als Zutaten in Lebensmitteln oder auch als Extrakt konsumiert wurde. Eine Änderung des veröffentlichten Artikels wurde bisher allerdings nicht vorgenommen. (Stand: 05.03.2020)


Die Bundesregierung auf unserer Seite?


Neben dem Anschreiben des BVL hat die EIHA sich außerdem direkt mit der Bundesregierung bzw. dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Verbindung gesetzt. Die EIHA kritisierte die „pauschale“ und „undifferenzierte“ Veröffentlichung des BVL und verwies auch hier auf die oben genannten Entscheidungen und Belege über die vor dem 15.05.1997 erfolgte traditionelle Verwendung von Hanf als Lebensmittel. Auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion in Bezug auf die Neuartigkeit von Cannabis-Lebensmitteln/Produkten, hat die Bundesregierung am 25.07.2019 im Deutschen Bundestag erklärt, dass die Stellungnahme der Europäischen Kommission, in welcher bestätigt wird, dass es sich bei Lebensmitteln, die Teile der Cannabispflanze Sativa L. enthalten, weiterhin gültig ist. Das bedeute jedoch nicht automatisch, dass Cannabis Erzeugnisse, also beispielsweise isolierte Einzelsubstanzen wie Cannabinoide oder mit Cannabinoiden angereicherte Extrakte, ebenfalls als Lebensmittel verkehrsfähig sind.

 

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) stimmt hier mit der Europäischen Kommission über ein und schreibt am 19.11.2019 an die EIHA, dass es nach wie vor keine Belege gibt, welche einen nennenswerten Verzehr von mit Cannabidiol (CBD) angereicherten Hanfextrakten in der EU vor dem 15. Mai 1997 bestätigen. Laut dem BMEL seien solche Produkte nach vorliegenden Erkenntnissen erst seit kurzer Zeit auf dem Markt verfügbar. Mit CBD angereichte Hanfextrakte gelten nach übereinstimmender Auffassung der Europäischen Union und der EU-Mitgliedstaaten also als zulassungspflichtige Lebensmittel, sofern diese keine Betäubungsmittel oder Arzneimittel sind.

 

Wenn wir das also richtig verstanden haben, gelten die Cannabinoide der Hanfpflanze nur dann als „novel food“, wenn sie isoliert oder angereichert wurden, wenn diese jedoch aus der Ursprungspflanze stammen und nicht verändert wurden (wie bei allen unseren Produkten der Fall ist), fallen sie NICHT unter die Novel Food Verordnung.

 

Sowohl für die EIHA als auch für die Cannabis-Lebensmittelindustrie ist dies ein wichtiger Erfolg, um zukünftige Ungereimtheiten mit dem Gesetz zu verhindern.